Sparkasse Bremen lässt Oldenburger Mieter*innen frieren

(Dieser Artikel erschien in einer leicht geänderten Version zuerst in der taz Nord.)

Der Immobilieninvestor Omega AG hat sich unter den Augen der Sparkasse Bremen verzockt und ist insolvent. Das bekommen die Mieter*innen in Oldenburg am eigenen Leib zu spüren.


Es ist Mitte Dezember. Das Thermometer neben der Eingangstür zeigt 10 Grad. In der Cloppenburger Straße 166 in Oldenburg ist seit über drei Wochen die Heizung kaputt, warmes Wasser gibt es auch nicht. Morgens kann man seinen Atem sehen, erzählen die Mieter*innen Anna und Ben (Namen geändert).

Sie wohnen in einem Haus der Omega AG und haben seit Monaten massive Probleme mit ihrem Vermieter: Müll, Wasserschäden, Schimmel und jetzt die Heizung.

Zum Jahresanfang hatte das Unternehmen zunächst die Liquidation bekannt gegeben, letzte Woche wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Lage ist verheerend.

Die Rede ist von vorsätzlich zweckentfremdeten Geldern, geschönten Zahlen und undurchsichtigen Kreditgeschäften mit ausländischen Banken. Der Jahresabschluss für 2022 kann nicht erstellt werden, weil „zwingend notwendig[e] Steuerunterlagen abschließend fehlen und nicht beigebracht werden können“. Das ist der finanzielle Super-GAU. Die beauftragten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind abgesprungen. Die Schulden sollen sich auf 350 Millionen Euro belaufen.

All das geschah unter den Augen der Sparkasse Bremen. Sie ist 2019 über ihre Tochtergesellschaft nwu bei Omega eingestiegen und mit einem „hohen einstelligen Millionenbetrag“ an dem Unternehmen beteiligt. Mit nwu-Geschäftsführer Ralf Paslack hatte die Sparkasse einen Mann im Aufsichtsrat und war damit für die Kontrolle von Omega verantwortlich.

Das Unternehmen hat schon länger Finanzprobleme und seit Monaten häufen sich Berichte über massive Mängel in Wohnungen des Unternehmens. In Osterholz-Scharmbeck berichten Mieter*innen von Wasserschäden, Ratten und Schimmel, in Mainz wurde bereits das Gesundheitsamt eingeschaltet und in Worms war eine gehbehinderte Mieterin wegen einem defekten Fahrstuhl für sechs Wochen in ihrer Wohnung gefangen.

„Es ist belastend“, sagen Anna und Ben aus Oldenburg. Schon die Aufrechterhaltung der grundlegenden Körperhygiene sei wegen der Kälte durch die defekte Heizung eine Herausforderung. Duschen können sie nur auf der Arbeit oder bei Freund*innen, manchmal im Schwimmbad. Auch kochen ist wegen dem vielen Wasserdampf, der bei so niedrigen Temperaturen entsteht, schwierig.

Die Tage verbringen die beiden Mieter*innen damit, sich warm zu halten. Ausgestattet mit Heizstrahler und eingepackt in vier oder fünf Lagen Decken versuchen sie, nicht zu frieren. Manchmal würden ihre Hände trotzdem so stark zittern, dass sie ihr Handy nicht mehr halten können.

Ben musste in der kalten Wohnung eine Coronainfektion überstehen und hat sich seitdem nicht richtig erholt. Auch Anna klagt über körperliche Beschwerden, von der psychischen Belastung ganz zu schweigen. Auf der Arbeit seien sie wegen ihrer Erschöpfung schon auf ihre Gesundheit angesprochen worden. Beide sind in der Pflege tätig.

Anna und Ben sorgen sich auch um ihre Nachbar*innen. Darunter ein hilfsbedürftiger älterer Herr und eine aus der Ukraine geflohene Familie mit Kindern.

Alleine in Oldenburg haben Mieter*innen von mindestens 30 Wohnungen mit Omega zu kämpfen. Einige haben wegen den untragbaren Zuständen und finanziellen Ungereimtheiten schon Anwälte eingeschaltet oder Anzeige erstattet.

Es ist aber schwierig herauszufinden, wer genau verantwortlich ist. Die Häuser gehören nicht Omega direkt, sondern der Tochter einer Tochter einer Tochtergesellschaft. Omega schiebt die Verantwortung auf die Hausverwaltung – die ist, oder war bis vor kurzem, jedoch auch Teil der Unternehmensgruppe.

Die 2011 von Geschäftsmann Ralph Reinhold gegründete Omega AG besitzt über komplizierte Firmenkonstrukte mehr als 5.000 Wohnungen in Deutschland. Fast alle Tochterunternehmen haben ihren Sitz in der deutschen Steueroase Grünwald, einem Vorort von München. Sie teilen sich oft (Briefkasten-)Adresse und Geschäftsführer.

Die vielen Tochtergesellschaften erklären sich teilweise damit, dass die meisten Immobilienunternehmen gar nicht mit Immobilien handeln, sondern mit Unternehmen, denen Immobilien gehören. Das spart Steuern. Omega hat vor lauter Steueroptimierung wohl den Überblick verloren.

Mitte 2023 hat der türkische Finanzinvestor Whitefield die Mehrheit am Unternehmen übernommen. Statt der angekündigten „Restrukturierung“ betreibt Whitefield jetzt Schadensbegrenzung.

Die Omega AG heißt seit einigen Tagen Amina AG und hat ihren Sitz von München nach Nordenham verlegt. Ob damit der Zugriff auf das Unternehmensvermögen erschwert werden soll, könne der beauftragte Insolvenzverwalter nicht beurteilen, erklärt er gegenüber verschiedenen Medien. Den Mieter*innen ist damit jedenfalls nicht geholfen.

Die Sparkasse Bremen möchte nichts mehr mit Omega zu tun haben. Von der Seite der nwu ist das Unternehmen spurlos verschwunden. Wie sie die Zustände so lange mittragen konnte und warum sie ausgerechnet in Omega investiert hat, ist unklar. Der frühere Vorstand Reinhold war für seine exzessiven Partys bekannt und die Unternehmensstruktur ist schon länger nicht mehr durchschaubar. Erst 2021 hatte die Sparkasse ihr Investment noch einmal erhöht, anscheinend über ihren regulären Höchstbetrag hinaus. Auf Anfrage wollte sie sich nicht näher zu dem Fall äußern.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen Reinhold und nach taz-Informationen hat auch die Abteilung für Wirtschaftskriminalität des LKA Niedersachsen einen ersten Blick auf das Unternehmen geworfen. Das vollständige Ausmaß der Omega-Pleite wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Inzwischen ist es Mitte Januar. Die Heizung ist noch immer kaputt. Weihnachten haben die Mieter*innen der Cloppenburger Straße im Kalten verbracht. Nach der Bekanntgabe der Insolvenz rechnen sie nicht damit, dass sich in nächster Zeit etwas an ihrer Lage ändern wird.